Physiker decken die grundlegende Verknüpfung von Information und Wärme auf
Forscher aus Lyon, Kaiserslautern und Augsburg zeigen in Nature die ultimative Grenze für numerisches Rechnen und irreversibles Löschen von Information
In der jüngsten Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Nature“ zeigen Physiker aus Lyon, Kaiserslautern und Augsburg, wie sie das Landauer-Prinzip erstmals experimentell belegen konnten. Vor mehr als fünfzig Jahren formulierte Rolf Landauer von IBM die Hypothese, dass durch das Löschen von Information zwangsläufig eine minimale Energie in Form von Wärme an die Umgebung abgegeben wird. Diese Wärme ist nach unten beschränkt. Ihr Grenzwert wird durch die Menge der gelöschten Information und die Temperatur der Umgebung bestimmt. Dadurch etablierte Landauer eine fundamentale Beziehung zwischen Informationstheorie und Thermodynamik. Mit ihrem Experiment bestätigen die Physiker nun Landauers Vorhersagen und beweisen, dass diese untere Grenze tatsächlich erreicht werden kann.
Die Verifikation des Landauer-Prinzips ist von großer Bedeutung, weil dadurch die scheinbare Verletzung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik durch den sogenannten Maxwellschen Dämon aufgehoben wird. Dieses Wesen ist in der Lage nach Beobachtung, also Informationsgewinn, kalte von warmen Molekülen in einer geteilten Kammer voneinander zu trennen. Laut Maxwells Gedankenexperiment würde der Dämon mithilfe des dabei entstehenden Temperaturunterschieds Arbeit produzieren können, ohne dass er selbst Arbeit verrichtet. Dies stünde im klaren Widerspruch zum zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Nach einem vollen Zyklus muss aber der Dämon die gewonnene Information wieder löschen und dabei Wärme dissipieren. Da gemäß dem Landauer-Prinzip die dissipierte Wärme immer größer als die gewonnene Arbeit ist, wird somit der zweite Hauptsatz nicht verletzt.
Die Ergebnisse der Forscher um Dr. Eric Lutz von der Universität Augsburg sind nicht nur von theoretischer, sondern auch von praktischer Relevanz. In der Computerindustrie geht zurzeit der Trend zu immer kleineren Mikrochips. Doch dabei wird die Wärmeproduktion in diesen Chips zu einem immer größeren Problem, da sie sowohl die Leistung von Rechnern einschränkt als auch deren weitere Miniaturisierung erschwert. Gegenwärtig liegt die dissipierte Wärme in silikonbasierten digitalen Schaltkreisen ungefähr tausendmal über der Landauer-Grenze. Es wird aber vorhergesagt, dass diese Grenze bereits in den nächsten zwanzig Jahren erreicht ist. Demnach werden auch Computeringenieure in Kürze mit der fundamentalen Grenze Landauers konfrontiert werden.
Im Experiment wurde eine Mikroglaskugel in einem Doppeltopfpotential, das mit fokussiertem Laserlicht erzeugt wird, eingefangen. Diese Versuchsanordnung entspricht dem einfachsten Zwei-Niveau-Speicher, in dem ein Bit Information gespeichert werden kann (Kugel rechts ist Zustand 0 und Kugel links Zustand 1). Die im System ursprünglich gespeicherte Information kann gelöscht werden, wenn eine Kugel kontrolliert in einen Topf gebracht wird. Bei diesem Prozess haben die Physiker die dissipierte Wärme gemessen. Dabei war zu beobachten, dass die dissipierte Wärme stets größer als die Landauer-Grenze ist und letztere erreicht wird, wenn der Löschvorgang der Information langsamer vollzogen wird.
Diese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Emmy-Noether-Programms und des Exzellenzclusters Nanosystems Initiative Munich (NIM) sowie durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst und den Transregio-Sonderforschungsbereich 49 gefördert. Co-Autor Raoul Dillenschneider ist Mitglied des Fachbereichs Physik und des Landesforschungszentrums OPTIMAS an der TU Kaiserslautern.
Experimental verification of Landauer’s principle linking information and thermodynamics
Antoine Bérut, Artak Arakelyan, Artyom Petrosyan, Sergio Ciliberto, Raoul Dillenschneider & Eric Lutz
Nature 483, 187-189 (2012)
Kontakt:
Dr. Eric Lutz
Department of Physics
University of Augsburg
D-86135 Augsburg
Tel: +49 (0)821 598 3218
Fax: +49 (0)821 598 3222
www.physik.uni-augsburg.de/~lutzeric/