ERC Advanced Grant für OPTIMAS-Mitglied Burkard Hillebrands
Der Physiker Professor Burkard Hillebrands von der TU Kaiserslautern erhält einen der höchsten Förderpreise des Europäischen Forschungsrats (ERC). Der zuerkannte Advanced Grant ist mit einer Fördersumme von über 2,4 Millionen Euro dotiert. Hillebrands will damit ein völlig neues Forschungsfeld, die Supramagnonik, eröffnen. Dabei handelt es sich um die Untersuchung eines makroskopischen Quantenphänomens mit dem Potenzial, die Datenverarbeitung der Zukunft erheblich leistungsfähiger zu machen.
Die von Hillebrands konzipierte Supramagnonik ist eine Weiterentwicklung der von ihm grundlegend mitentwickelten Magnonik. Sie basiert auf magnetischen Phänomenen in Kristallen, die durch den Spin, also den Eigendrehimpuls der Elektronen, verursacht werden. Immaterielle Spinwellen, sogenannte Magnonen, dienen dabei als Informationsträger und -überträger. Da Wellen mehr Informationen transportieren können als Elektronen und außerdem die Wärmeerzeugung minimiert werden kann, ergeben sich ganz neue Möglichkeiten, Datenverarbeitung wesentlich leistungsfähiger zu machen. Das kann eines Tages zu vollkommen neuen Verfahren der Computertechnologie führen.
Quantenphänomene im makroskopischen Maßstab
Professor Hillebrands will mit der Supramagnonik das Gebiet der Magnonik einen entscheidenden Schritt weiterbringen. „Wir wollen Phänomene untersuchen, die analog sind zur Supraleitung mit Elektronen oder zur Suprafluidität in tiefgekühltem flüssigem Helium, also makroskopische Dimensionen haben“, sagt der Forscher. „Normalerweise findet man Quanteneffekte nur im atomaren oder subatomaren Maßstab.“
In bisherigen Experimenten gelang es ihm und seinem Team bereits zu zeigen, dass man auch mit Magnonen ein sogenanntes Bose-Einstein-Kondensat (BEC) herstellen kann. Dies ist eine ganz besondere Art von Materie, die sich dadurch auszeichnet, dass alle Teilchen – hier die Magnonen – den identischen, genau definierten Grundzustand einnehmen. Gelingt es, ein solches Kondensat entsprechend zu manipulieren, kann man magnonische Supraströme auslösen, die energetisch verlustfrei fließen und zur Informationsverarbeitung genutzt werden können.
Burkard Hillebrands will in den kommenden fünf Jahren die finanziellen Mittel des ERC-Grants dazu verwenden, die Grundlagen für eine solche Supramagnonik zu erforschen. Dabei kommt ihm seine langjährige Erfahrung als Pionier der Magnonik zugute. „Wir haben in meiner Arbeitsgruppe, die zum Landesforschungszentrum OPTIMAS gehört, über viele Jahre hin das Diagnose-Instrument der Brillouin-Spektroskopie entwickelt, das uns nun unschätzbare Dienste leistet“, betont der experimentelle Physiker. „Es erlaubt uns – vereinfacht gesagt – durch Streuung von Laserlicht die magnonischen Prozesse im Inneren der magnetischen Kristallschichten zu analysieren.“ Die von Hillebrands geplante Forschung ergänzt sich in idealer Weise mit dem jüngst errungenen ERC Starting Grant an seinen Mitarbeiter Dr. Andrii Chumak für die Weiterentwicklung technologischer Aspekte der Magnonik.
Herausragende Forschungsleistung
Der Europäische Forschungsrat vergibt jährlich Fördermittel in Höhe von bis zu 2,5 Millionen Euro pro Forschungsprojekt an etablierte, in ihrem Fach führende Wissenschaftler als „ERC Advanced Grant“. Es handelt sich dabei um die höchste wissenschaftliche Auszeichnung der Europäischen Union. Sie geht an international anerkannte Spitzenforscher/innen, die durch herausragende Leistungen und bahnbrechende Projektideen auf sich aufmerksam gemacht haben. Dass eine dieser Auszeichnungen dieses Mal Professor Hillebrands zuerkannt wird, zeigt die zunehmende Bedeutung des Gebiets der Magnonik. „Wir sehen dies nicht nur als Anerkennung meiner Person“, so der Forscher, „sondern auch als Ansporn für das gesamte Team, die erfolgreiche Arbeit mit großem Elan fortzusetzen.“
Die Ziele, die er sich als erstes gesetzt hat, bestehen darin, robuste Labormethoden zu entwickeln, mit denen man in BECs magnonische Supraströme erzeugen kann. Ein wichtiger Aspekt ist dabei zu lernen, wie sich diese Supraströme durch elektrische Felder steuern lassen. „Es ist absolute Pionierarbeit“, ist sich der Physiker bewusst, „wir arbeiten hier high risk, high gain. Es kann auch bedeuten, dass uns die Forschungsergebnisse möglicherweise noch ganz andere, unerwartete Perspektiven eröffnen.“