Mehr Verlust ist weniger Verlust
Zu den wichtigsten Merkmalen der Quantenmechanik gehört die Möglichkeit, dass ein Objekt (zum Beispiel ein Atom) sich in einem so genannten Superpositionszustand befindet. In diesem Zustand wäre das Atom gleichzeitig angeregt und nicht angeregt, oder gleichzeitig rechts und links einer Barriere lokalisiert. Superpositionszustände können wir in unserer makroskopischen Welt nicht beobachten. Sobald wir nachschauen, in welchem Zustand das Atom nun ist, werden wir stets nur die eine oder andere Möglichkeit vorfinden. In einer mehr wissenschaftlichen Ausdrucksweise entspricht unser „Nachschauen“ der Kopplung des Atoms an ein makroskopisches Objekt (der Detektor oder gar wir selbst). Dieses Nachschauen kann als Messprozess interpretiert werden: durch das Messen geht der Superpositionszustand verloren und wir wissen in welchem der beiden Zustände das Atom ist.
Befinden sich nun viele Atome in einer kleinen Wolke, so kann man ebenfalls versuchen zu messen („nachzuschauen“) wo sich die einzelnen Atome befinden. Eine sehr einfache Messmethode ist, einen fokussierten Elektronenstrahl durch einen kleinen Raumbereich zu schießen. Wann immer ein Atom sich genau in der Schusslinie befindet, wird es ionisiert und fliegt in einen Detektor, der das Ereignis registriert. Im Ergebnis wurde das Atom an diesem Ort gemessen und aus dem System entfernt. Der Verlustprozess ist also gleichzeitig ein Messprozess.
Die Arbeitsgruppe um OPTIMAS Mitglied Herwig Ott hat zusammen mit Kollegen aus Portugal in theoretischen Berechnungen gezeigt, dass – im Widerspruch zu unserer Intuition – unter geeigneten Bedingungen eine Verstärkung der Verlustprozesse (also mehr Elektronen im Elektronenstrahl) die Atome daran hindert in den Elektronenstrahl zu fliegen. Mit anderen Worten: die drohenden Verluste stoßen die Atome ab und führen dadurch zu geringeren Verlusten (Makroskopischer Zeno Effekt). Diese Arbeiten wurden in der hochangesehenen Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht: