Neuartiger Mechanismus zur Erzeugung und Nutzung von Spinströmen

Schema des Versuchsaufbaus: Ein erzeugtes Wärmegefälle sorgt für eine Diffusion von Phononen in der Saphir-Schicht (Isolierschicht). Die Phononen werden an der Grenzfläche Ferromagnet-Saphir in einen Spinstrom umgewandelt, der in der Platinschicht nachgewiesen wird.

Ströme von bestimmten quantenmechanischen Spins bilden eine Alternative zu elektrischen Strömen in elektronischen Bauelementen. Man kann diese sogenannten Spinströme möglicherweise verlustfrei übertragen, was sie sehr attraktiv für die Spintronik, einer neuen Form von Elektronik, macht.

Japanische Forscher um Prof. Eiji Saitoh in Sendai und Prof. Sadamichi Maekawa in Tokai haben gemeinsam mit Prof. Burkard Hillebrands von der TU Kaiserslautern (Fachbereich Physik und Landesforschungszentreum OPTIMAS) gezeigt, dass Spinströme mit Schallwellen erzeugt werden können. Weiterhin fanden sie, dass Spinströme auf isolierenden nichtmagnetischen Substraten auch durch einen weiteren Effekt, den sogenannten langreichweitigen Spin-Seebeck-Effekt, erzeugt werden können: man nehme ein solches Substrat mit speziellen aufgebrachten Doppellagen-Streifen aus einer Nickel-Eisen-Legierung und Platin (siehe Schema) und heize es an einer Seite, so dass es einem räumlichen Temperaturverlauf erhält. Temperatur erzeugt Quanten von Schallanregungen, sogenannten Phononen. In einem Temperaturgefälle diffundieren diese zu oder weg von einem Streifen und erzeugen dabei, so die experimentelle Beobachtung, einen Spinstrom im Streifen. Diese Grundlagenentdeckung, die noch einer genauen theoretischen Erklärung bedarf, eröffnet ganz neue Möglichkeiten zum Entwurf neuartiger Bauelemente für die Informationsverarbeitung. So kann zum Beispiel durch die Messung des Spinstroms die Position des Doppellagen-Streifens auf dem Substrat bestimmt werden.

Was sind nun Spinströme? Neben der negativen elektrischen Ladung besitzt ein Elektron auch eine Rotation um sich selbst, den Spin, der wie ein kleiner Elementarmagnet verstanden werden kann. Weil wir hier in der Welt der Quantenmechanik sind, können diese Elementarmagnete in einem Magnetfeld nur parallel oder antiparallel zum Magnetfeld ausgerichtet sein. Diese beiden Richtungen können für Anwendungen in der Logik als logische „Null“ oder „Eins“ genutzt werden. Spinströme werden durch sich bewegende Spins gebildet und sie sind daher sehr gut zur Übertragung und Verarbeitung von logischen Werten geeignet.

Es erfolgen gegenwärtig große Forschungsanstrengungen, Spinströme zu erzeugen und zu detektieren und so für Anwendungen nutzbar zu machen. Die hier berichtete Entdeckung ist daher ein wichtiger Meilenstein. Die höchst angesehene Zeitschrift „Nature Materials“ berichtet in ihrer Online-Ausgabe vom 21. August über die hier vorgestellten Ergebnisse1.

1Long-range spin Seebeck effect and acoustic spin pumping
K Uchida, H. Adachi, T. An, T. Ota, M. Toda, B. Hillebrands, S. Maekawa, E. Saitoh
Nature Materials Advanced Online Publication, 21. August 2011 (DOI: 10.1038/NMAT3099).

Schema des Versuchsaufbaus: Ein erzeugtes Wärmegefälle sorgt für eine Diffusion von Phononen in der Saphir-Schicht (Isolierschicht). Die Phononen werden an der Grenzfläche Ferromagnet-Saphir in einen Spinstrom umgewandelt, der in der Platinschicht nachgewiesen wird.