OPTIMAS Forschern gelingt entscheidender Beitrag beim Verständnis neuartiger Schreib-Lese-Prozesse im Computer
Magnetisierungsänderungen in einem ferromagnetischen Material wie Eisen, Kobalt oder Nickel sind äußerst komplexe Vorgänge, woran Elektronen wie auch Schwingungen des Kristallgitters beteiligt sind. Somit bestimmt die spezielle Materialbeschaffenheit darüber, wie schnell ein Magnet seine Richtung ändern oder durch Erwärmung unmagnetisch (sprich: demagnetisiert) werden kann. Die Erklärung der beobachteten magnetischen Erscheinungen zusammen mit der Untersuchung, welche inneren Eigenschaften eines Magneten dafür verantwortlich sind, wird unter den Wissenschaftlern lebhaft debattiert. Überdies ist es für die technische Anwendungsseite notwendig, den grundlegenden Mechanismus der Dynamik der Magnetisierung auf sehr kurzen Zeitskalen zu verstehen. So limitieren die ablaufenden mikroskopischen Prozesse entscheidend die Schreibgeschwindigkeit beim magnetischen Speichern auf der Computer-Festplatte; hierbei wird die Magnetisierung eines Bits durch einen einwirkenden Stimulus gesteuert, was im Falle der Festplatte mit Hilfe eines stromgenerierten kurzen Magnetfeldpulses geschieht.
In Deutschland und in den benachbarten Niederlanden ist die Spitzenforschung auf diesem Gebiet der ultraschnellen Demagnetisierung stark vertreten. Forscher beschäftigen sich intensiv mit der Fragestellung, auf welchen Zeitskalen und über welche Mechanismen die kleinste Einheit der Magnetisierung, der sogenannte Spin, seine Ausrichtung umkehren - oder wie es im Fachjargon heißt - den Spin flippen kann. Dieser fundamentalen Herausforderung hat sich die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Martin Aeschlimann vom Fachbereich Physik der Technischen Universität Kaiserslautern, in enger Zusammenarbeit mit Forschern von der Technischen Universität Eindhoven und mit theoretischer Unterstützung vom Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart, genähert. In der gemeinsamen Forschungsaktivität ist es nun gelungen, die Bewegung der Spins in einem einheitlichen Modell zu erfassen und im Detail zu beschreiben.
Das dazugehörige aufwändige physikalische Experiment lässt sich vereinfacht mit einem Schulversuch mit Bunsenbrenner und Magnet vergleichen. Wird der Magnet mit dem Bunsenbrenner erwärmt, verliert dieser seine magnetische Anziehungskraft, da die Spins flippen. Anstelle des Bunsenbrenners werden jedoch extrem kurze, eben ultrakurze Lichtpäckchen verwendet. Diese Lichtpulse des Lasers treffen auf einen Magneten in Form eines dünnen magnetischen Films mit einer Schichtdicke im Nanometerbereich. Die eingetragene Energie wird zunächst von den Elektronen aufgenommen, welche die Wärme aber rasch an das magnetische System, d.h. die Spins, weiterreichen. Es erfolgt eine Demagnetisierung auf ultrakurzen Zeitskalen von ca. 100 Femtosekunden (fs). Dabei verhalten sich 100 fs im Vergleich zu einer Sekunde so wie ein halber Tag zum Alter des Universums. In puncto Geschwindigkeit ist diese vorgestellte optische Strategie der gegenwärtigen Standard-Technologie in modernen Rechnern unter Einsatz kurzer Magnetfeldpulse weit überlegen. Ihre konsequente Anwendung verspricht eine Steigerung der Speichergeschwindigkeit um mehrere Größenordnungen.
In einem Zukunftsprojekt muss jetzt noch die laterale Ausdehnung des dünnen magnetischen Films auf Nanometergröße zu sogenannten Nanodots schrumpfen. Durch intelligentes Maßschneidern der physikalischen Eigenschaften des Laserpulses erhoffen sich die Forscher, sogar einen einzelnen Nanodot zu demagnetisieren oder zu schalten - damit wäre ein Bit in Nanometergröße ultraschnell geschrieben. Der Originalartikel ist in der Fachzeitschrift Nature Materials erschienen: dx.doi.org/10.1038/NMAT2593