Topologische Zustände können wie Kristalle wachsen
Topologische Ordnung, die sich durch ein bestimmtes kollektives Verhalten eines physikalischen Systems auszeichnet, ist ein vielversprechendes Konzept, das in den letzten Jahren auf vielen Feldern der Physik zunehmend an Interesse gewonnen hat. Sie ermöglicht es, Zustände zu beschreiben, die nicht alleine durch Symmetrien charakterisiert sind. Neben dem grundlegenden wissenschaftlichen Interesse an solchen Zuständen haben sie hochinteressante Anwendungen in der Quanteninformationsverarbeitung und damit vielversprechende praktische Verwendung.
Erst kürzlich wurde vorgeschlagen, dass ultrakalte Quantengase und photonische Systeme vielversprechende Bedingungen für die Untersuchung von toplogischen Systemen bieten, die in Festkörpern nicht zugänglich sind. Während topologische Hamilton-Operatoren im Labor mehr oder weniger verfügbar sind, ist die zuverlässige Präparation der entsprechenden Grundzustände eine große Herausforderung, speziell wenn es sich um wechselwirkende Systeme handelt. In früheren Studien wurden insbesondere adiabatische Schemata vorgeschlagen die große Bandabstände erfordern, was jedoch nur für kleine Systeme erreicht werden kann, und dadurch größere Systeme zum Scheitern verurteilt sind. Ein Team von Physikern aus der Gruppe von Michael Fleischhauer (TU Kaiserslautern, Fachbereich Physik und Landesforschungszentrum OPTIMAS) hat jetzt unter der Führung des Doktoranden Fabian Grusdt (Graduiertenschule der Exzellenz MAINZ) einen neuen Weg für das Wachsen von Quantenzuständen mit topologischer Ordnung entwickelt, der diese Probleme überwindet. In einer internationalen Zusammenarbeit mit M. Hafezi vom Joint Quantum Institute / NIST (Washington D.C.) haben sie ein Verfahren vorgeschlagen und untersucht, das wie konventionelles Kristallwachstum funktioniert. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass ausgehend von einer kleinen Anzahl von Bosonen durch das sukzessive Hinzufügen von Teilchen und magnetischen Flussquanten halb-gefüllte Laughlin-Zustände erzeugt werden können. Dies wird durch die Kombination einer einfachen kohärenten Pumpe mit einer topologisch-geschützten Pumpe, einer sogenannten Thouless-Pumpe, erreicht. Das Verfahren kann mit gängiger Technologie auf Experimente mit supraleitenden Schaltkreisen übertragen werden und eröffnet so auch den Weg zur Erzeugung komplizierterer topologisch geordneter Zustände mit ungewöhnlichen Eigenschaften wie z.B. nicht-Abelsche Austauschstatistik.
Die Studie wurde vor kurzem in der angesehenen Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht:
F. Grusdt, F. Letscher, M. Hafezi, M. Fleischhauer, Physical Review Letters 113, 155301 (2014)